Potsdamer Platz im Januar 2021

Schnee, Regen und Schneeregen wechseln sich ab, es ist fast den ganzen Tag dunkel und wegen Covid-19 ist kaum ein Mensch auf der Straße. Was soll man also anderes machen, um sich die Zeit zu vertreiben, als 'ne kleine Fototour mit seinem Partner?

Also, Kamera geschnappt und Stativ vergessen, dafür aber Maske und Maxi eingepackt und frei nach Ton-Steine-Scherben "ab zum 29er nach Halensee!"
Oder so ähnlich...
Haben uns noch gefragt ob es denn wirklich so 'ne gute Idee war, weil das Thermometer ernsthaft arschkalte Minusgrade anzeigte und der Bus relativ voll (also für "Coronazeiten" relativ voll). Aber ruckzuck waren wir auch schon am Anhalter und latschten erst einmal so rum.

Irgendwo im Nirgendwo

Bisschen rumgeknipst um warm zu werden - also mental, Körperlich war da leider nix zu machen! - und als wir dann am Potsdamer ankamen war es doch tatsächlich schön leer.
Fast schon gespenstisch, weil trotzdem überall, als wäre nix gewesen, die komplette Festbeleuchtung am strahlen war. Na ja, wer hat, der hat anscheinend und in dem Fall ja auch gut für uns.
Einer der wenigen Vorteile an der momentanen Situation ist ja eindeutig, dass man nicht lange - wenn überhaupt - warten muss um Dinge zu fotografieren ohne störende Menschen(maßen) dazwischen zu haben und es ergeben sich schöne und ungewöhnliche „Street-Momente“ falls doch mal Humanoiden im Blickfeld rumlungern.

Aalglatte Konsumsuppe

Auch sehe ich Orte wie diesen momentan mit ganz anderen Augen. Der Potsdamer Platz, den ich eine Zeitlang sehr häufig nutzen musste, gehörte nie zu meinen Favoriten. Ich habe mich dort niemals wohl gefühlt und war nur dort, wenn es nicht anders ging, sah zu das ich auch schnell wieder weg war und hastete mit Scheuklappen möglichst schnell durch die Touristen- und Konsummaßen zur nächsten U-Bahn, oder dem Bus.

Das lag zum einen und ganz offensichtlich daran, das der Potsdamer Platz so ein abgelutschter und aalglater 08/15 Konsumtempelplatz ist, wie er in jeder anderen drittklassigen Metropole zuhauf rumsteht. Dieser Platz hat Null Charakter, es zieht wie Hechtsuppe, alles ist unecht, überteuert, herzlos, aber dafür mit Goldlack & Glitter aufgebretzelt. Braucht kein Mensch, gibt es aber trotzdem überall und irgendwie findet sich dann doch ein Klientel das auch sonst wohl über genauso wenig Charisma verfügt wie der leblose Platz selber.

Kubat-Dreieck

Ein weiterer Punkt, warum ich diesen Platz nicht mag, ist aber ein viel tiefer sitzender. Vor ca. 32 Jahren (genauer um 1988 rum) hab ich mich hier nämlich ganz gerne aufgehalten und es brannte sich ein Ereignis ins Gehirn, das ich wohl nie vergessen werde: Das Kubat-Dreieck, bzw. dessen Räumung!
Und dann ist da noch die ekelhafte Geschichte um die Arisierung Wertheims und was danach wiederholt mit diesem Grundstück passierte. Ein Ort, der so wie er jetzt ist wahrlich kein gutes Karma ausstrahlen kann!
Wenn du dir die alten Filme und Fotos ansiehst, die Geschichte dazu liest und das ganze dann mit dem heutigen Platz vergleichst, kannst du sicher verstehen, was für ein Stachel mir da jedesmal durchs Herz fährt, wenn ich mich dort aufhalte...
Hier ein paar Lese- und Anschautipps:

Wikipedia über den Platz und mit einem Kapitel über die Besetzung

Video: "Der Kampf um das Lenné Dreieck" von Uli Happe

Video: "Kubat-Dreieck" vom Verein autofocus Videowerkstatt - Teil 1
Video: "Kubat-Dreieck" vom Verein autofocus Videowerkstatt - Teil 2
Video: "Kubat-Dreieck" vom Verein autofocus Videowerkstatt - Teil 3
Video: "Kubat-Dreieck" vom Verein autofocus Videowerkstatt - Teil 4

Artikel im FREITAG über die Geschichte der (mehrfachen) Enteignung von Wertheim



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